belletristik schreiben

Wie schaffen Sie Figuren aus Fleisch und Blut?

Ob Roman oder Kurzgeschichte – Ihre Figuren sind das Herz Ihrer Erzählung. Ihre Geschichte lebt von und mit Ihren Figuren. Wenn es Ihnen nicht gelingt, interessante Charaktere zu gestalten, bleibt Ihr Buch im besten Fall Papier – das heißt, wenn sich dann überhaupt ein Verleger für Ihre Geschichte findet. Wie müssen Ihre Figuren beschaffen sein, damit der Leser seine Zeit mit ihnen verbringen möchte? Wie entwickeln Sie interessante Figuren? Wie lernen Sie Ihre Figuren kennen?

Als Autor sollten Sie Ihre Figuren um einiges besser kennen, als sich selbst. Denn alles, was Ihre Figuren sagen und tun, muss motiviert und glaubwürdig sein. Viele Autoren leben lange Zeit mit ihren Figuren, bevor sie mit einem Roman oder einer Geschichte beginnen. Als Autor müssen Sie nicht nur wissen, wie Ihre Figuren aussehen. Sie müssen wissen, wo Ihre Figuren aufgewachsen sind, aus welcher soziologischen Schicht sie stammen. Sie müssen wissen, welchen Schicksalsschlägen sie ausgesetzt waren. Kurz: Sie müssen alles wissen – selbst, wenn Sie nur einen Bruchteil davon verwenden.

Es gibt verschiedene Techniken, um sich als Autor mit seinen Figuren bekannt zu machen. Die meisten Autoren machen Charakterskizzen, schreiben einen genauen Lebenslauf oder eine Biografie ihrer Personen bevor sie mit dem Schreiben beginnen.

Legen Sie Ihre Figuren auf die Couch!

Eine gute und bewährte Technik, um Ihre Figuren kennen zu lernen, ist das Interview. Fragen Sie Ihre Figuren alles, was sie wissen wollen. James N. Frey, der Autor des Buches „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, geht noch einen Schritt weiter. Selbst wenn man als Autor schon alles zu wissen meint, gelangt man beim Schreiben häufig an Punkte, die noch unklar sind. Das ist natürlich, denn die Geschöpfe des Autors entwickeln während des Schreibens auch ein Eigenleben. Für diese Fälle schlägt Frey dem Autor eine psychoanalytische Sitzung vor. Hören wir mal kurz rein:

„ AUTOR: Was ich noch nicht ganz verstehe, Boyer, ist: Warum bleiben Sie eigentlich bei Ihrem Beruf? Ihre Mutter, die Ihnen sehr nahe steht, will, dass Sie damit aufhören, und Ihre Verlobte will die Hochzeit abblasen, wenn Sie damit weitermachen.

BOYER: Ihnen kann ich es sagen, weil Sie mein Autor sind … Ich habe das Gefühl, ich muss mir selbst etwas beweisen. Das ist der wahre Grund dafür … ich kann nicht einfach weglaufen. Wenn ich das täte, wäre ich kein Mann.

AUTOR: Ich verstehe – Sie wetteifern gewissermaßen mit Ihrem Vater. Zigarette?

BOYER: Sie wissen doch, dass ich nicht rauche.“ (1)

(1) James N. Frey: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt, S. 32, Emons 1993

 

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